Kategorie Inklusion Behinderung

Wer bezahlt den Nachhause-Weg von der Nachmittagsbetreuung?

Von: Maria Wimmer

Aufatmen bei vielen Eltern: Auch im zweiten Jahr der Hort-Modellprojekte an zwei Förderschulen werden die Kosten für den Nachhauseweg übernommen - vorerst.

Im ersten Jahr des Hort-Modellprojektes hatte das Sozialministerium die Kosten für den behinderungsbedingten Mehraufwand pauschal übernommen. Darunter fallen auch die Beförderungskosten für den Nachhause-Weg der Förderschulen in Merchingen und Püttlingen. Gerade an der Köllertalschule in Püttlingen ein großer Kostenfaktor im sechsstelligen Bereich, da die 20 Kinder aus drei Landkreisen stammen. 

Doch zum 1. August 2023 sollte die pauschale Finanzierung entfallen: Die Eltern wurden informiert, dass sie beim Landesamt für Soziales einen Antrag auf Eingliederungshilfe für Leistungen auf soziale Teilhabe stellen sollen. In dem 16-seitigen Formular müssen sie ihr komplettes Vermögen offenlegen. Hintergrund ist das saarländische Schulordnungsgesetz, wonach der Schulträger nur die Fahrtkosten für die Schulzeit der Förderschule übernimmt, nicht aber für die Nachmittagsbetreuung im Hort. Denn diese zählt nicht als Leistung zur Teilhabe an Bildung wie der Schulbesuch, sondern als soziale Teilhabe – die Übernahme dieser Leistungen ist vom Einkommen der Eltern abhängig. Einige Eltern sahen das nicht ein und gaben den Antrag ohne die entsprechende Seite 10 zu den Vermögensverhältnissen ab. 

Vom Hort abgesprungen

„Manche Eltern sind deshalb sogar vom Hort abgesprungen. Aus unserer Sicht ist das eine zusätzliche Hürde“, sagt Juliane Kästner von der Lebenshilfe Völklingen. 

Eine betroffene Mutter ist Sandra Kröner, deren zehnjährige Zwillinge die Schule besuchen. Da die Kostenübernahme zwischenzeitlich nicht geklärt war, holte sie ihre Töchter vorübergehend wieder selbst vom Hort ab. Da beide Kinder im Rollstuhl sitzen, ein großer Aufwand, den sie nur mit Unterstützung bewerkstelligen kann. Neben der körperlichen Anstrengung, die beiden Zehnjährigen aus dem Rollstuhl zu heben, komme hinzu, dass diese Gefahren nicht einschätzen könnten – während sie eine Tochter ins Auto hebe, würde die andere nicht stehen bleiben, sondern sich selbständig machen. „Für mich ist es absolut unlogisch, dass die Fahrt nach der Schulzeit um 15 Uhr immer übernommen wurde, aber um 17 Uhr plötzlich nicht“, sagt Kröner. Sie betont auch, wie wichtig der Hort für die Zwillinge ist. „Meine Mädels gehen sehr gerne in den Hort, sie fragen jeden Tag danach und haben eine große Freude daran. Man merkt richtig, wie ihnen das Herz aufgeht“, sagt Kröner. 

In Merchingen mit nur acht betroffenen Schülern seien die Kosten noch überschaubar, sagt Peter Meier von der Lebenshilfe, die den Transport selbst organisiert. Die Fahrt von und zur Schule werde vom Schulträger, also dem Landkreis übernommen – nicht aber für Kinder, die länger bleiben, weil sie den Hort besuchen. 

Inzwischen wurden beide Träger informiert, dass auch im aktuellen Schuljahr aufgrund der Dringlichkeit ausnahmsweise die Fahrtkosten durch das Landesamt für Soziales pauschal übernommen werden. „Für die Zukunft und eine etwaige Ausweitung auf andere Schulstandorte bedarf es allerdings einer klaren, verlässlichen und handhabbaren Regelung, die frühzeitig – vor Beginn des nächsten Schuljahres – getroffen werden sollte“, so die beiden Träger. 

Die Finanzierung betrifft allerdings nur die beiden Hort-Modellprojekte. An den freiwilligen Ganztagsschulen werden die Fahrtkosten in der Schulzeit übernommen, aber nicht in den Ferien. „Leider hat dies zur Folge, dass die Anmeldezahlen für die Ferienbetreuung in den Förderschulen insgesamt sehr niedrig ausfallen, obwohl der Bedarf da ist und die Kinder davon erheblich profitieren könnten“, sagt Tobias Verburg vom CJD. Den meisten Eltern sei der damit verbundene Aufwand entweder zu hoch oder schlicht nicht umsetzbar.