Kategorie Pflege Pflege zu Hause

Wenn Pflege Freude macht

Als ihre Mutter im Alter von 85 Jahren pflegebedürftig wurde, war es für Christine Freis selbstverständlich, sich um sie zu kümmern. Für ihren Einsatz hat die heute 61-Jährige die Pflegemedaille des Saarlandes erhalten. 

Auszeichnung mit der Pflegemedaille (von links): Die Ortsvorsteherin von Niederwürzbach Petra Steinbach, Magnus Jung, Bürgermeister Blieskastel Bernd Hetzler, Christine Freis mit ihrem Mann Jörg und der sie unterstützenden Pflegekraft Sandra Wons und der Pflegebeauftragte Jürgen Bender. © Sozialministerium des Saarlandes

Pflege ist für Christine Freis eine Lebensaufgabe. Seit neun Jahren versorgt die 61-Jährige ihre Mutter, die an Demenz erkrankt ist. Von Anfang an unterstützte sie ein Pflegedienst beim Anziehen der Stützstrümpfe. Seit etwas mehr als zwei Jahren kommt der Dienst nur noch zur Beratung – wegen Personalmangels. Seitdem stemmt sie alles allein – mit viel Liebe und Freude. „Die Krankheit verlief sehr schleichend, so dass die ersten drei Jahre recht locker und ich nicht eingeschränkt war“, sagt Freis.

„Meine Mutter war eine sehr aktive, lebendige und fröhliche Frau, die auch noch am Rollator getanzt hat. Mein Vater war Bergmann und ist 1995 mit 67 Jahren verstorben. Danach haben wir oft zusammen Urlaub gemacht. Auch als meine Mutter pflegebedürftig wurde, haben wir sie überall eingebunden – sie war immer dabei. An diese schönen Situationen erinnere ich mich gerne zurück und weiß, was für gute Zeiten wir miteinander hatten. Deshalb pflege ich gerne“, sagt das VdK-Mitglied. Die Auszeichnung mit der Pflegemedaille des Saarlandes war für sie eine große Wertschätzung.

Auch dies gibt ihr die Motivation, weiter zu pflegen, obwohl ihre Mutter nach einem Knochenbruch seit eineinhalb Jahren bettlägerig ist und kaum noch spricht. Doch einen Satz sagt sie öfter: „Darf ich da bleiben, bei uns?“. Für Christine Freis der Beweis, dass sich ihr Einsatz lohnt und sie vieles richtig gemacht hat. „Meine Mutter ins Heim zu geben, stand für mich bisher nie zur Debatte. Dank meines Mannes war dies auch nie ernsthaft ein Thema – er unterstützt mich, wo er nur kann.“

Acht Stunden am Bett

Für die Pflege nimmt sich Christine Freis sehr viel Zeit. „Ich sitze zirka acht Stunden bei meiner Mutter und versorge sie. Ich singe ihr vor, sage Gedichte auf und erzähle von unseren Reisen.“ Zwar kann sich die 94-Jährige nicht mehr richtig ausdrücken, doch zeigt sie, ob sie etwas mag oder nicht – indem sie nickt oder den Kopf schüttelt. Beim Singen bewegt sie manchmal den Mund mit.

„Ich habe das Gefühl, dass meine Mutter sehr am Leben hängt. Sie lässt sich gerne versorgen, isst gut und nimmt täglich bis zu eineinhalb Liter Flüssigkeit zu sich“, sagt Freis. Zum Glück sei ihre Mutter schmerzfrei, so dass die Nächte friedlich sind und sie sie nachts nicht versorgen muss.

Weil die Pflege sie erschöpft, sind Auszeiten für Christine Freis umso wichtiger. Mit ihrem Mann geht sie auch mal ins Kino oder fährt öfter übers Wochenende weg, „um wieder Kraft zu schöpfen“ – sogar mal eine Woche nach Mallorca. In dieser Zeit kümmert sich eine Bekannte, die auch Pflegekraft ist, um ihre Mutter. „Größere Urlaube haben wir bis 2017 noch machen können, dank der damaligen Vertretungen, unter anderem auch aus unserem Freundeskreis. Auf diese Zeiten blicke ich dankbar zurück.“

Die Bekannte versorgt die Mutter auch, wenn Christine Freis an zwei Tagen in der Woche arbeiten geht. Durch eine Brückenteilzeit konnte die 61-Jährige ihre Arbeitszeit für fünf Jahre auf 15 Wochenstunden reduzieren mit der Möglichkeit, wieder in vollem Umfang in ihren Job zurückzukehren, worüber sie sehr froh ist. „Zeit ist für mich das größte Problem, dank meiner beiden Vertretungen ist aber vieles machbar“, sagt Freis.

Auch wenn sie die Pflege wie viele andere nicht als Belastung empfindet, hat das jahrelange Heben und Stützen ihrer Mutter Spuren hinterlassen – unter anderem durch einen Bandscheibenvorfall. Dennoch ist sie zufrieden und zitiert aus dem Gedicht „Mein Mütterlein“ von Julius Stern, das ihre Mutter ihr immer erzählt hat. „Den lieben Gott, den lieb ich, weil er dich mir gab und weil er mir erhält das allerbeste Mütterlein auf weiter, weiter Welt“. Wenn ihre Mutter am Schluss das letzte Wort „Welt“ mitspricht, geht Christine Freis das Herz auf. „Dann ist der Tag für mich gerettet.“