Kategorie Inklusion Soziale Gerechtigkeit

Kein Smartphone – kein Zugang?

Mehr als 80.000 Menschen im Saarland sind offline. Der Vorstand des Landesseniorenbeirat wollte wissen, welche Bildungsangebote es gibt und wie diese weiterentwickelt werden können. Denn gerade für ältere Menschen wird der Umgang mit einer digitalen Verwaltung immer schwieriger.

Seniorin am Smartphone, vor ihr ein aufgeklappter Laptop
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Termine und Tickets buchen oder eine Überweisung machen – vieles geht nur noch online. Doch rund 3,4 Millionen Menschen bundesweit und etwa 83.500 Menschen im Saarland waren noch nie im Internet. Das entspricht rund 7 Prozent der Bevölkerung oder der Einwohnerzahl von Homburg und Völklingen zusammen. Für die sogenannten “Offliner” wird es immer schwieriger, in einer zunehmend digitalisierten Welt zurechtzukommen. Besonders stark betroffen ist die Gruppe der über 65-Jährigen.

Für den Landesseniorenbeirat steht das Thema ganz oben auf der Tagesordnung. Er wollte wissen, welche Angebote es im Saarland gibt, um ältere Menschen im Umgang mit digitaler Technik weiterzubilden. In seinem Auftrag wurde im Frühjahr 2023 eine Umfrage unter Anbietern mit dem Ziel durchgeführt, eine Datenbank zu erstellen und weiterzuentwickeln. Die Ergebnisse für den Regionalverband wurden bei der ersten von sechs Regionalkonferenzen im Saarbrücker Schloss vorgestellt.

Das Ergebnis: Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote im Saarland. Und genau darin liegt auch das Problem. “Die Angebote sind dezentral entstanden, die Landschaft ist sehr heterogen und unübersichtlich. Was fehlt, ist ein kreis- und landesweites Informationsportal, das die Angebote bündelt, damit man nicht stundelang suchen muss. Denn das hemmt die Akzeptanz”, sagt Karl-Reiner Lassek vom AAL-Netzwerk Saar.

Der Landesseniorenbeirat bei einer Konferenz zum Thema Digitalisierung in Saarbrücken. Im Bild mittig der Vorsitzende Wolfgang Steiner (rechts) und sein Stellvertreter Lothar Arnold (links).
Der Landesseniorenbeirat bei einer Konferenz zum Thema Digitalisierung in Saarbrücken. Im Bild mittig der Vorsitzende Wolfgang Steiner (rechts) und sein Stellvertreter Lothar Arnold (links). © VdK Saarland

Weiter analoge Wege

Nur etwa ein Viertel der Angebote sei kostenpflichtig. Ein Kurs umfasse in der Regel etwa zehn Personen. Bezogen auf die Zahl von 83.500 Menschen, die es zu erreichen gelte, sei “das noch nicht der große Wurf, den wir brauchen”, sagte Lassek. Er machte aber auch klar, dass Digitalisierung nicht die einzige Lösung sein könne. “Wir werden auch in 20 Jahren nicht alle Menschen online bekommen, es muss also weiter analoge Möglichkeiten geben.”

Wichtig sei auch, mehr individuelle Beratungen anzubieten, da gerade bei älteren Menschen die Scham sehr hoch sei. “In einer Einzelberatung fällt es dann leichter, eine Frage zu stellen, die einem blöd vorkommt, weil der soziale Druck nicht so hoch ist”, so Lassek. Ein Eindruck, den die Anbieter von Schulungen – wie Stadtteilbüros, Awo, evangelische Familienbildungsstätte und andere – bestätigten. Der Wunsch nach niedrigschwelligen Angeboten statt starren Kursen sei hoch. Genannt wurde auch das Digital Café des Malteser Hilfsdienst in Saarbrücken, bei dem junge Menschen Ältere beim Umgang mit digitaler Technik unterstützen. Anja Eisler vom Zentrum für Bildung und Beruf Saar (ZBB) wies darauf hin, dass in Deutschland jeder Siebte nicht richtig lesen und schreiben können, so dass hier die Schamgrenzen und digitalen Hürden noch einmal deutlich höher seien.

Für den Vorsitzenden des Landesseniorenbeirats, Wolfgang Steiner, geht es auch darum, mehr Sensibilität bei jüngeren Menschen zu schaffen. “Die Generation Z, die jetzt auch in der Verwaltung in wichtigen Positionen nachrückt, ist mit digitaler Technik groß geworden und kann gar nicht nachvollziehen, dass es Menschen gibt, die damit nicht zurechtkommen. Eine bürgerfreundliche Verwaltung ist mehr, als eine tolle Internetseite zu haben. Kommunale Dienste müssen auch für Menschen, die kein Internet nutzen, zugänglich sein”, sagte Steiner. “Das Land muss in Verantwortung genommen werden”, appellierte Steiners Stellvertreter Lothar Arnold, denn “nicht jeder ältere Mensch hat einen Enkel oder eine Schwiegertochter, die mal schnell hilft”.

Ausgrenzung verhindern

Der Landesseniorenbeirat unterstützt deshalb die Aktion “Leben ohne Internet – geht‘s noch?” der BAGSO. Damit will die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen kommunale Bürgerdienste für die Schwierigkeiten von Menschen ohne Internet sensibilisieren und für gute Lösungen eintreten. Denn eine bundesweite Umfrage ergab, wie Menschen ab 60 Jahren durch die Digitalisierung in der Verwaltung oder im Bankensektor ausgegrenzt werden. Betroffen sind laut der Umfrage aber nicht nur Ältere, sondern auch diejenigen, deren digitale Kompetenzen für die oft komplexen Anforderungen nicht ausreichen, so dass weiterhin klassische Zugangswege wie telefonische, postalische und persönliche Erreichbarkeit und gedruckte Materialien und Formulare benötigt werden.