
"Es ist genug Geld da"
„Wird bezahlbares Wohnen die neue soziale Frage?“ Darüber diskutierte Bauminister Reinhold Jost mit dem Landtagsabgeordneten Patrick Waldraff bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Union- und Konrad-Adenauer-Stiftung vor rund 50 Gästen.

„Ja, sie ist es schon. Die Frage des bezahlbaren Wohnraums ist seit vielen Jahren ein ständiges Problem“, sagte Reinhold Jost. Aktuell betrage die Zahl der Sozialwohnungen 730, bei seinem Amtsbeginn vor drei Jahren hätte sie bei nur 250 gelegen. Damals hatte die Landesregierung das Ziel ausgegeben, bis 2027 5000 Sozialwohnungen zu schaffen – so viele, wie es 2005 einmal waren. Ein Ziel, das sie wohl nicht erreichen wird.
Immerhin sollen aber in den nächsten Jahren 2500 bis 3000 Wohnungen entstehen, so Jost. 1500 Wohnungen seien in Planung, 483 in der Umsetzung und weitere acht- bis neunhundert würden durch Rückkauf von Belegungsrechten wieder in die Sozialbindung gebracht. Hier sei „viel Musik drin“. Etwa die Hälfte dieser Wohnungen sind Studentenwohnungen, durch deren Bezug wieder andere Wohnungen frei würden.
Externer Link:Einer Studie des Pestel-Instituts zufolge fehlen im Saarland rund 13.000 Sozialwohnungen – diese Zahl hält Jost für „überzeichnet“. Sein Fazit: „Wir sind noch lange nicht da, wo wir eigentlich sein sollten und wollten, aber weitaus weiter als der ein oder andere meint.“
Auch bundesweit fehlten 1,2 Millionen Sozialwohnungen, unterstrich Patrick Waldraff. Das von der letzten Bundesregierung gesetzte Ziel, 400.000 neue Wohnungen zu bauen (davon 100.000 Sozialwohnungen), sei nicht erreicht worden. Diese Entwicklung sei alles andere als positiv. Das Problem sind aus seiner Sicht zu lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie ineffiziente Förderprogramme.
Appell an Kommunen
Die Verantwortung sieht Bauminister Jost vor allem auch bei den Kommunen und ihren Wohnungsgesellschaften. Denn es mangle im Haushaltsnotlageland ausnahmsweise nicht am Finanziellen. Es sei genug Geld da, werde aber nicht in die Umsetzung gebracht.
In Zahlen: Allein für 2025 stehen dem Saarland 42 Millionen Euro an Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung, für 2026 sogar 48 Millionen. Dass diese Mittel in den vergangenen Jahren kaum abgerufen wurden, kritisiert der Sozialverband VdK seit langem.
Bauen sei jetzt einfacher, da die Förderbedingungen durch ein landeseigenes Wohnraumfördergesetz reformiert und die Landesbauordnung entschlackt worden sei, betonte Jost. Durch den neuen „Gebäudetyp E“ werde einfaches und experimentelles Bauen leichter gemacht. Durch serielles, standardisiertes Bauen seien Neubauten in Rekordzeit möglich – hier nannte der Bauminister das Beispiel der Landesaufnahmestelle Lebach. Jedoch sei es wichtig, dass die zwölf unteren Bauaufsichten die im Februar verabschiedete novellierte Landesbauordnung überall gleich anwenden und die vorhandenen Spielräume maximal nutzten, um mehr Neubauten zu ermöglichen.
Denn der Neubau ist im Saarland rückläufig und den Worten eines Teilnehmers zufolge so gut wie tot. Das belegen auch die Zahlen fertiggestellter Wohnungen. Laut statistischem Landesamt wurden 2024 516 neue Wohnhäuser mit insgesamt 1152 Wohnungen fertiggestellt, das seien 40 Prozent weniger als im Vorjahr. Auch die Baukosten stiegen deutlich an. Allerdings stieg im ersten Halbjahr 2025 die Zahl der Baugenehmigungen wieder um fast 58 Prozent - wenn auch von einem niedrigem Ausgangsniveau.
Leerstände aktivieren
Weiteres Potenzial sieht Jost in der Aktivierung von Leerständen, die im Saarland laut Pestel-Institut bei zirka 30.000 liegt. Patrick Waldraff brachte an dieser Stelle die Stadt Landau ins Spiel, die seit Januar 2024 eine Satzung zum „Zweckentfremdungsverbot“ eingeführt hat, um in einem angespannten Wohnungsmarkt mehr Wohnungen verfügbar zu machen. Der Stadt muss eine anderweitige Nutzung von Wohnraum – insbesondere die Nicht-Nutzung von Wohnraum, also Leerstand – angezeigt werden. Sie unterliegt der Genehmigungspflicht und kann mit Zwangsgeld bestraft werden.
Kein Thema der Diskussion war der Bedarf an altersgerechten und barrierefreien Wohnungen, der bei etwa 40.000 Wohnungen liegt. Schon jetzt haben vier Fünftel der Seniorenwohnungen keinen stufenlosen Zugang, gleichzeitig wird die Zahl älterer Menschen bis 2035 um 45.000 zunehmen. Bei der Novellierung der Landesbauordnung ist hier aus Sicht des VdK Saarland eine Externer Link:Chance für die Schaffung von mehr barrierefreiem Wohnraum verpasst worden.
Auch das in der Diskussion mehrfach genannte Argument der hohen Eigenheimquote im Saarland sieht der VdK kritisch, da diese nicht vor hohen Wohnkosten schützt. Denn fest drei Viertel der Gebäude im Saarland wurden vor 1979 errichtet, was zu hohen Energiekosten und hohem Sanierungsbedarf führt, den gerade ältere Menschen nicht unbedingt leisten können. Gepaart mit geringen Einkommen liegt das Land bei der Belastung durch Wohnkosten auf Rang 1 aller Bundesländer – trotz niedriger Kaltmieten.
Programme bekannter machen
Um die Programme für soziale Wohnraumförderung in den Kommunen bekannter zu machen, will das Bauministerium vor Ort darüber informieren – mit im Boot sind die Arbeitskammer des Saarlandes und der Sozialverband VdK. Die Termine werden auf Externer Link:unserer Internetseite unter “Aktuelle Veranstaltungen” veröffentlicht.