Pflegestudie: Pflegende Angehörige im Saarland stärker belastet
Zwei Drittel der pflegenden Angehörigen im Saarland leiden täglich unter körperlichen Schmerzen. Das ist nur eines von vielen brisanten Ergebnissen der Pflegestudie, die der Sozialverband VdK jetzt vorgestellt hat.
Lange gab es keine seriösen Zahlen zur besonderen Problemlage in der häuslichen Pflege. Jetzt liegen sie endlich vor. Die Universität Osnabrück hat im Auftrag des Sozialverband VdK Deutschland bundesweit mehr als 54.000 Betroffene befragt – davon mehr als 600 im Saarland. Mit konkreten Fakten kann jetzt endlich belegt werden, wie überfordert Menschen sind, die ihre Liebsten selbst pflegen. Bei der Veröffentlichung des Abschlussberichtes appelliert der VdK Saarland, die Pflegebedürftigen und die sie pflegenden Angehörigen nicht weiter zu vergessen. „Vier Fünftel der Betroffenen werden in ihrer Wohnung versorgt, in der Regel von ihren Angehörigen, die stark überlastet sind, wie die VdK-Pflegestudie beweist. Die häusliche Pflege wird bisher von der Politik viel zu wenig wahrgenommen und nicht ausreichend unterstützt“, sagt VdK-Landesgeschäftsführer Peter Springborn.
Die Mehrheit der Menschen will in der eigenen Wohnung in Würde alt werden. Bundesweit können sich laut VdK-Pflegestudie nur zwei Prozent der Pflegebedürftigen vorstellen, in ein Seniorenheim zu ziehen. „Deshalb muss Pflege neu gedacht werden: Die pflegerische Versorgung in den eigenen vier Wänden muss uneingeschränkt möglich sein. Das Saarland braucht eine Offensive zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit“, sagt der VdK-Landesvorsitzende Armin Lang. Nötig seien neue Hilfesettings, die die Potenziale der Betroffenen aktivieren.
Pflege macht arm – nicht nur die Pflegebedürftigen!
Ein weiteres Problem der Pflege zuhause ist aus Sicht des VdK, dass auch sie arm macht. „Viele Angehörige reduzieren ihre Arbeitszeit oder geben den Job ganz auf und verzichten damit auf einen wichtigen Teil ihrer Altersrente. Sie werden in die Altersarmut gedrängt, obwohl sie der Allgemeinheit hohe Kosten ersparen“, sagt Springborn. Weil die finanziellen Mittel häufig nicht ausreichen oder die Pflegedienste nicht bedarfsgerecht Kapazitäten haben, kommt der Pflegedienst in vielen Familien nur einmal am Tag, obwohl der Bedarf weit höher ist. „Hier wird an guter Pflege gespart, weil die Pflegeversicherungsleistungen nicht den tatsächlichen Bedarf decken und für Zuzahlungen das Geld fehlt. Eine würdige Pflege sieht anders aus“, sagt Lang.
Höhere Belastung der Angehörigen im Saarland
Für den VdK sind die Ergebnisse der Pflegestudie alarmierend und machen deutlich, wie hoch die Belastung der Angehörigen ist: Demnach leiden zwei Drittel der pflegenden Angehörigen täglich unter körperlichen Schmerzen. Mehr als 60 Prozent gaben an, die eigene Gesundheit zu vernachlässigen und keinen eigenen Interessen mehr nachgehen zu können. Knapp 65 Prozent haben das Gefühl, den Anforderungen im Alltag nicht mehr gerecht zu werden – bundesweit sind es nur 35 Prozent. 70 Prozent gaben zudem an, sich nicht schnell von Stress erholen zu können. Für 35 Prozent ist die Pflege nur unter Schwierigkeiten oder eigentlich gar nicht mehr zu bewältigen. Mehr als einem Drittel der Angehörigen macht die eigene finanzielle Situation Sorgen. Mehr als 60 Prozent wünscht sich deshalb höhere Geldleistungen durch die Pflegeversicherung bzw. ein staatliches Gehalt.
Entlastungsangebote nur wenig genutzt
Die Belastung durch die Pflege ist hoch: Nur bei 35 Prozent der rund 500 befragten pflegenden Angehörigen im Saarland unterstützt ein ambulanter Pflegedienst – bei 60 Prozent nur bis zu 30 Minuten am Tag. Fünf Prozent gaben an, Unterstützung durch eine 24-Stunden-Betreuung zu erhalten. Obwohl nur wenige diese Angebote nutzen, wünschen sich vier Fünftel der Angehörigen mehr Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Tages- bzw. Nachtpflege wird sogar nur von etwa sieben Prozent in Anspruch genommen, obwohl knapp 60 Prozent der Angehörigen sich diese wünschen.
Die Hinderungsgründe sind nicht nur, dass es nicht genug Plätze gibt, sondern vor allem finanzieller Art: Als häufigster Grund wurde genannt, dass eine Zuzahlung geleistet werden müsste bzw. die Angst, dass das Pflegegeld dadurch gekürzt wird. Fast ein Fünftel der Angehörigen empfand das Antragsverfahren als zu kompliziert.
Im Saarland lebten laut aktueller Pflegestatistik Ende 2021 rund 70.000 Pflegebedürftige. Vier Fünftel davon werden zuhause betreut. Etwa 12.500 Menschen werden in einer stationären Einrichtung versorgt.
red
Zahlen zur Pflege
Mehr als ein Drittel der rund 500 befragten Angehörigen pflegt seit mehr als fünf Jahren, 18 Prozent sogar mehr als zehn Jahre und zehn Prozent mehr als 20 Jahre. Bei 37 Prozent ist die Versorgung rund um die Uhr nötig. 31 Prozent der Hauptpflegepersonen gaben an, mehr als 40 Stunden in der Woche zu pflegen. Bei 38 Prozent waren es weniger als 20 Stunden in der Woche. Ein Fünftel gab an, die pflegebedürftige Person keine Stunde allein lassen zu können. Ein Drittel der Angehörigen ist im Ruhestand, 27 Prozent hingegen in Vollzeit erwerbstätig. 16 Prozent sind nicht berufstätig. Ein Viertel arbeitet Teilzeit oder stundenweise. 28 Prozent der Angehörigen gaben an, die Möglichkeit einer Freistellung vom Beruf nicht genutzt zu haben, weil dann der Einkommensverlust zu groß sei. Nur neun Prozent nutzen diese Möglichkeit.
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