Kategorie Wohnen Barrierefreiheit

Chance für mehr barrierefreien Wohnraum verpasst

Bei der Änderung der Landesbauordnung verpasst die Landesregierung eine große Chance, mehr Wohnraum für Menschen mit Einschränkungen zu schaffen, wie der VdK bei der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses am Donnerstag kritisierte.

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„Im Saarland fehlen rund 40.000 barrierefreie Wohnungen. Nur 83 Prozent der Seniorenhaushalte haben einen stufenlosen Zugang zur Wohnung. Gleichzeitig hat das Saarland bundesweit die höchste Wohnkosten-Belastung, den ältesten Gebäudebestand und die höchsten Energiekosten. Das führt zwangsläufig dazu, dass sich viele Menschen Umbauten oder hohe Warmmieten nicht mehr leisten können und oft vergeblich nach bezahlbaren, barrierearmen Wohnungen suchen“, sagt VdK-Landesvorstandsmitglied Wolfgang Lerch. So wurden 2020 und 2021 nur 36 rollstuhlgerechte Wohnungen genehmigt. 

Das Problem sei umso dringender, als die Zahl älterer Menschen bis 2035 im Saarland um knapp 12 Prozent zunehmend wird, während sich gleichzeitig die Vorstellung vom Wohnen im Alter ändern. „Viele Senioren wollen nicht mehr ins Pflegeheim, sondern zuhause wohnen bleiben oder suchen nach alternativen Wohnformen. Daher werden in Zukunft noch mehr barrierefreie Single-Wohnungen gebraucht. Die saarländische Wohnpolitik muss stärker auf diese Entwicklung reagieren, damit nicht noch mehr Zeit verloren geht“, sagt Lerch. 

Bei der Überarbeitung der Landesbauordnung sollte sich das Saarland an Rheinland-Pfalz orientieren und mehr Verbindlichkeit für den Bau rollstuhlgerechter Wohnungen einfordern, so der VdK. „Die in der Landesbauordnung vorgesehene Mindestanzahl ist seit 28 Jahren unverändert. Hinzu kommt, dass die Verbindlichkeit zum Bau solcher Wohnungen durch den Begriff unverhältnismäßiger Mehraufwand ausgehebelt wird, der rechtlich gar nicht genau definiert ist. Beides ist absolut nicht mehr zeitgemäß“, sagt VdK-Landesvorstandsmitglied Daniel Bieber. „Angesichts des demografischen Wandels, der das Saarland besonders trifft, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Außerdem ist es teurer, Gebäude oder Wohnungen nachträglich barrierefrei umzubauen, als diese Kosten direkt einzuplanen.“

Aus Sicht des VdK stehen die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften in einer besonderen Verantwortung, mehr bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum zu schaffen. Umso wichtiger sei es jetzt, das im Regierungsprogramm angekündigte „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ endlich zu etablieren und alle Akteure der Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie Kommunen, Mieterverbände, Wohlfahrtsorganisationen und Kammern an einem Tisch zusammenzubringen. 

Hintergrund zur Landesbauordnung:

In Rheinland-Pfalz gilt: Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen sind so herzustellen und instand zu halten, dass von den ersten drei Wohnungen eine und von jeweils acht weiteren Wohnungen zusätzlich eine Wohnung barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar ist. 

Im Saarland regelt die LBO in Paragraph 50, dass eine rollstuhlgerechte Wohnung nur bei Gebäuden mit mehr als sechs Wohnungen geplant werden muss, die über einen Aufzug verfügen müssen – das sind Gebäude, die in der Regel 15 Meter hoch sind. Bei mehr als zwölf Wohnungen müssen es zwei sein. Solche Neubauten sind im Saarland aber eher selten, so dass auch nur wenige rollstuhlgerechte Wohnungen entstehen.

Mehr dazu

Hier erfahren Sie mehr über die saarländische Landesbauordnung und die Begriffe barrierefrei und rollstuhlgerecht.