„Die Wirkung ist nie vorhersehbar“
Wie können Eltern erkennen, ob ihre Kinder Drogen nehmen? Wie gefährlich sind Drogen und welche neuen Formen gibt es? Darum ging es in einem Vortrag eines früheren Polizisten, den der Gemeindeverband Rehlingen-Siersburg organisiert hat.
„Ich habe nichts getrunken, Mama. Die anderen haben nicht nachgedacht und das Zeug genommen. Wie konnte das geschehen, Mama?“, sagt eine junge Frau, nachdem sie nach einer Party angefahren wird. Das Video, bei dem man eine verletzte Frau in ihrem Blut liegen sieht, soll abschrecken. Es ist Teil eines Vortrags von Thomas Welsch, der vom Gemeindeverband Rehlingen-Siersburg eingeladen wurde. Der frühere Polizist informiert im Auftrag des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) über Drogen. Der Ortsverband wurde nach eigenen Angaben aktiv, weil an mehreren Orten in der Gemeinde ein zunehmender Drogenhandel stattfindet und besorgte Eltern Angst hätten, diesen Konsum nicht zu erkennen.
17 Jahre lang war Thomas Welsch selbst in der Prävention tätig. „Früher wurden wir auf Alkoholerkennung getrimmt. Das Rauschgiftproblem kam erst zur Jahrtausendwende“, sagt Welsch. Heute würden Polizisten ganz anders geschult, denn der Konsum sei heute in der Regel eine Mischung aus verschiedenen Substanzen und Alkohol. „Bei Bier weiß man, was drin ist. Aber die Drogen-Mischungen auf dem Schwarzmarkt sind jeden Tag anders. Die Wirkung ist nicht vorhersehbar“, sagt Welsch. Fast 2000 Menschen starben 2022 an den Folgen illegalen Drogenkonsums – doppelt so viele als noch vor zehn Jahren.
Häufig seien Dealer selbst abhängig und würden die Drogen mit anderen Substanzen strecken, um die eigene Sucht zu finanzieren. Backpulver, Rattengift oder Motoröl seien schon gefunden worden. Auch „natürliche“ Drogen wie Cannabis – die zweithäufigste Droge nach Alkohol – würden von Dealern mit Haarspray, Zucker, Sand oder Glas gemischt. Mit Natur habe das Cannabis auf dem Schwarzmarkt daher wenig zu tun.
In der Szene beliebt seien Drogen, die die Leistung steigern – neben Kokain zunehmend Crystal Meth. Es wirkt fünf Mal stärker als Amphetamine. Unter dem Namen „Pervitin“ wurde es im Zweiten Weltkrieg eingesetzt, weil es Hunger und Müdigkeit unterdrückt und euphorisierend wirkt. Die Folgen für die Gesundheit sind gravierend: Es wirkt wie ein Nervengift und kann Psychosen auslösen. „Die Konsumenten magern ab, weil sie kaum noch essen und trinken. Der Mund trocknet aus, es kommt zu Nierenschäden. Der Abhängige altert in einem Jahr um zehn Jahre“, sagt Welsch.
Wie schädlich die Drogen auf den Körper wirken, zeigt der frühere Polizist in unangenehmen Bildern. Sie zerstören nicht nur Zähne und Schleimhäute, sondern auch zahlreiche Organe. „Bei Ecstasy konnte man nachweisen, dass das Gehirn an Intelligenz einbüßt und es zu Gedächtnisstörungen kommt – wie bei einer Demenz“, sagt Welsch. Junge Menschen seien besonders gefährdet, weil ihr Gehirn sich noch im Wachstum befindet.
Umso wichtiger sei die Prävention bei Jugendlichen. Zusammen mit einem „cleanen Süchtigen“ besucht Thomas Welsch Schulen. Junge Autofahrer haben unter Drogeneinfluss ein drei Mal so hohes Unfallrisiko – nicht nur wegen der geringeren Erfahrung, sondern auch, weil sie sich leichter ablenken lassen und eine höhere Risikobereitschaft haben.
Welsch macht eindrücklich deutlich, wie Drogen die Wahrnehmung verändern. Das können die Zuhörer am eigenen Leib erfahren, indem sie eine „Rauschbrille“ aufsetzen. Extrem verschwommen, Doppelbilder und ein eingeschränktes Sichtfeld – so simuliert die Brille die Wirkung bei 1,1 Promille im Blut. Neben dem Sehen ist durch Alkohol und Drogen vor allem eines eingeschränkt, was im Straßenverkehr extrem wichtig ist: das Reaktionsvermögen.
Bei 1,1 Promille ist das Unfallrisiko zehn Mal so hoch wie im nüchternen Zustand, die absolute Fahruntüchtigkeit ist erreicht. Wer so am Steuer oder auf dem Fahrrad erwischt wird, begeht eine Straftat, verliert den Führerschein und muss eine Geldstrafe zahlen. Eine Ordnungswidrigkeit liegt ab 0,5 Promille vor. Hier drohen ein Fahrverbot von ein bis drei Monaten, drei Punkte in Flensburg sowie eine Geldstrafe. Was viele nicht wissen: Schon ein Wert von 0,3 Promille kann dieselben Folgen wie bei 1,1 Promille haben, wenn ein Fahrfehler festgestellt wird. 0,15 Promille baut der Körper etwa in einer Stunde ab – um wieder nüchtern zu werden, helfe also nur Zeit.
Eltern empfiehlt Welsch, offen über Drogen und deren Gefahren zu sprechen und selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. Wer auffälliges Verhalten bei Jugendlichen merkt – ein anderes Essverhalten, Geldmangel, Unzuverlässigkeit oder Fehlen in der Schule – könne sich beraten lassen. Der Landkreis Saarlouis hat eine eigene Suchberatung eingerichtet, deren Beauftragte Beate Grünwald vor Ort Fragen beantwortete. Wichtig sei, den Konsum nicht zu unterstützen und klare Regeln mit der nötigen Konsequenz aufrechtzuerhalten.