„Hier ist es immer lustig“

„Kommt da jetzt doch kein Kreuz – oh leck! Ist das wahr?“, „Jetzt hat er haushoch verloren“, „Er hat den Sieg ausgekostet“ – beim Spieleabend des Ortsverbandes Primstal fliegen die Karten. An einem Tischende spielt eine Gruppe von Männern Skat, am anderen Ende „Mensch, ärgere dich nicht“, in der Mitte liegen Uno und „Knüffel“ zum Pokern parat. Eigentlich kennen sich alle vom Sehen, doch im Haus der Vereine kommen sie einmal im Monat zusammen, um zu spielen und sich zu unterhalten. Zum „Fooze“ („Schwätzen“), wie es ein Mitglied treffend beschreibt. „Hier geht’s um Soziale, ums Miteinander. Damit man net alleen daheem hockt“, sagt Paul Pekoroni. Er und seine Frau Rita sind seit 20 Jahren Mitglied im VdK und regelmäßig bei Aktivitäten des Ortsverbandes dabei – ob bei Wanderungen, Fahrten, dem Grillfest oder der Weihnachtsfeier. 

„Wir haben den Spieleabend ins Leben gerufen, um die VdK-Familie zusammenzuhalten und etwas gegen Einsamkeit zu unternehmen, die ja auch immer mehr junge Menschen betrifft. Auch Nicht-Mitglieder sind bei uns herzlich willkommen“, sagt Baldur Thome, Vorsitzender des Ortsverbandes. Die Termine werden regelmäßig im Amtsblatt veröffentlicht, der Rest läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda, denn „jeder kennt sich hier in Primstal“. 

Der Saal im Haus der Vereine ist mit elf Personen voll besetzt – sie alle kommen, weil sie die Gesellschaft schätzen. „Das Gesellige steht für mich beim VdK ganz vorne. Außerdem ist es viel interessanter, andere Leute zu treffen, als sich abends anzuschweigen und auf die Glotze zu gucken“, sagt Eva Paulus, die sich auch im Vorstand des Ortsverbandes engagiert. Das findet auch Marlene Holbach, die mit ihrem Mann Hans-Jakob regelmäßig zum Spieleabend kommt. „Man muss ja informiert sein über die Neuigkeiten im Dorf. Hier ist es immer lustig. Und ich ärgere mich auch kein bisschen“, sagt sie und lacht. Zusammen mit Bernhard Kasper spielen sie „Mensch ärgere dich nicht“ – in einer extra großen Version aus Holz. Diese hat der Ortsverband angeschafft, weil ältere Menschen so die Figuren besser greifen können. „Da hat man was in der Hand“, sagt Hans-Jakob Holbach. 

Mit 85 Jahren ist Bernhard Kasper der älteste in der Runde und bereits fast zwei Jahrzehnte Witwer. Seit 2004 engagiert er als Schatzmeister im Ortsverband. „Der VdK hat mir schon zwei Mal geholfen. Jetzt versuche ich, anderen zu helfen“, sagt Kasper. Der Spieleabend ist für ihn aber auch eine Möglichkeit, unter Leute zu kommen. „Der Abend ist gerettet“, sagt er mit einem Lachen und fügt hinzu: „Man soll sich ja nicht isolieren.“ Einsam fühle er sich aber nicht, da er viele soziale Kontakte hat. Auch Armin Bock (71) kommt ab und zu vorbei – nicht wegen des Spielens, sondern um sich mit anderen zu unterhalten, die meisten davon seien Nachbarn. „Ich bin und bleibe Mitglied im VdK wegen der Geselligkeit. Der VdK ist eine große Gemeinschaft, nur dadurch ist er so stark.“ 

Das gemeinsame Spielen hilft auch dabei, sich von Problemen abzulenken, sagt Werner Ilchmann. Erst vor vier Wochen hat er die Mitgliedschaft im VdK beantragt und ist froh, hier Rat und Beistand zu bekommen. Seit eineinhalb Jahren ist der 60-Jährige nach einer missglückten Fuß-OPkurz fürOperation krankgeschrieben und seit kurzem „ausgesteuert“. Sein Krankengeld-Bezug ist nach 78 Wochen ausgelaufen, so dass er sich bei der Arbeitsagentur melden musste – nach 44 Jahren, in denen er „nie arbeitslos war“. Hinzu kommen Arthrose und Bandscheibenprobleme. Er kann nur noch kurze Strecken zu Fuß gehen, nicht lange stehen und auch nicht mehr lange Auto fahren kann. „Der letzte Winter war der schlimmste – immer nur Regen und allein zuhause. Ich bin froh, hier nette Leute zu treffen, die mich moralisch unterstützen. Viele haben ähnliche Geschichten hinter sich, die ein positives Ende gefunden haben, es sind quasi Leidensgenossen, die mir Mut machen“, sagt Ilchmann.