Kategorie Kreisverband Saarbrücken

Hartnäckig, engagiert und selbstbewusst

Von: Maria Wimmer

Seit mehr als 20 Jahren ist Brunhilde Müller Kreisvorsitzende in Saarbrücken. Im März hat sie ihren 80. Geburtstag gefeiert. Im Zweiten Weltkrieg geboren, kennt sie den VdK von Kindheit an. 

Zu ihrem 80. Geburtstag gratulierten Brunhilde Müller in der Landesgeschäftsstelle Landegeschäftsführer Peter Springborn (links), sein Stellvertreter Christian Gebhardt-Eich (Zweiter von rechts) und Landesvorstandsmitglied Gerlinde Koletzki-Rau (rechts).

Sie hört jede Sirene, schon bevor sie richtig aufheult. Das Geräusch hat sich tief in ihr Bewusstsein eingegraben. Brunhilde Müller wird im März 1942 geboren. Ihre ersten drei Lebensjahren sind geprägt von Krieg, Angst und Bombenalarmen. „Ich hatte viel Angst als Kind. Wenn der Alarm losging, stand ich senkrecht im Bett. Einmal wurden wir von einem Jak-Flugzeug verfolgt. Wir haben uns an einem Treppeneingang versteckt. Das hat uns das Leben gerettet“, erinnert sie sich. 

Dass heute wieder Krieg in Europa ist, erschüttert sie tief. „Ich bin im Krieg geboren. Wir haben immer gehofft, dass unsere Kinder das nicht erleben müssen, was wir als Kind mitgemacht haben. Deshalb haben wir für Frieden und Waffenruhe gekämpft. Wenn ich die Augen der ukrainischen Kinder sehe, kann ich es kaum ertragen“, sagt Brunhilde Müller, die am 29. März ihren 80. Geburtstag gefeiert hat. 

Immer wieder muss sie mit ihrer Familie in den dunklen Bunker flüchten. Später fällt es ihr deshalb schwer, mit der U-Bahn zu fahren. Auf dem Weg in den Bunker bewunderte sie oft die Sterne am Himmel – ihr Großvater erzählte ihr später, dass es sich dabei auch um Positionslichter für die angreifenden Flugzeuge handelte. 

Den VdK kennt sie „von Kindesbeinen an“. Ihr Großvater war Mitgründer der Vorgänger-Organisation des VdK nach dem ersten Weltkrieg und beriet auch nach dem Zweiten Weltkrieg Hinterbliebene. Auch ihr Vater war VdK-Mitglied.

Nach ihrer Schulzeit wird Brunhilde Müller Apothekenhelferin und bekommt zwei Töchter. Als Elternvertreterin setzt sie sich für eine Sanierung der Grundschule in Sulzbach ein. „Bei der Einschulung meiner Töchter waren die Böden und Bänke immer noch die gleichen wie zu meiner Zeit. Die WC-Anlagen sahen schrecklich aus. Da habe ich gedroht, dass die Schüler in Zukunft das WC im Rathaus benutzen werden, wenn bis Schulbeginn nichts passiert. Im Sommer wurde alles gemacht“, erinnert sie sich mit einem Lachen. 

Über die Schulpolitik kommt sie zur Parteipolitik. Ihr „Ziehvater“ ist Norbert Wagner. Der Lehrer am Sulzbacher Gymnasium und spätere Landtagsabgeordnete bringt sie in die FDPkurz fürFreie Demokratische Partei, für die sie zwei Jahrzehnte im Sulzbacher Stadtrat sitzt. Als „soziales Gewissen“ erinnert sie die „Wirtschaftspartei“ immer wieder an die Sozialpolitik und kämpft für mehr Lehrer und kleinere Klassen. 

1990 wird sie in den saarländischen Landtag gewählt und innerhalb von zwei Jahren Vorsitzende der FDPkurz fürFreie Demokratische Partei-Fraktion – als erste Frau im Landtag überhaupt. Als Fraktionsvorsitzende spricht sie im Plenum über Themen, die sonst den Männern vorbehalten sind. In dieser Funktion wird sie auch in den männerdominierten Ausschuss für Grubensicherheit entsandt. 

Als Tochter eines Bergmanns ist ihr die Sicherheit im Bergbau ein wichtiges Anliegen. „Als Kind hatte ich große Angst um meinen Vater. Er war oft im Krankenhaus“, erinnert sie sich. Im Ausschuss für Grubensicherheit wird Brunhilde Müller mit den Worten „Ich glaube, Sie sind im falschen Raum“ begrüßt, was sie selbstbewusst mit den Worten „Herr Kollege, ich bin hier richtig“ korrigiert. 

Als Feministin will sie nicht bezeichnet werden – auch wenn die Gleichberechtigung „noch nicht dort ist, wo sie sein sollte“. „Es ist das Privileg der Männer, politisch oder ehrenamtlich tätig zu sein. Für Frauen ist es nach wie vor ein Problem“, sagt Brunhilde Müller, die in dieser Zeit oft erst um Mitternacht daheim war. „16-Stunden-Tage waren keine Seltenheit.“ Dass sie Politik, Beruf und Ehrenamt vereinbaren konnte, sei nur durch den Rückhalt ihrer Familie und ihres Mannes Winfried möglich gewesen, der 2016 verstarb – 52 Jahre waren sie verheiratet. 

Dennoch sei ihre Familie nie zu kurz gekommen. „Ich habe immer versucht, allen gerecht zu werden. Es hat mir Spaß gemacht, mich zu engagieren, aber ich habe meine Familie nie hintenangestellt – meine eigene Freizeit schon“, sagt Müller. Heute besteht ihre Familie aus 21 Köpfen, der fünfte Urenkel ist unterwegs. 

In ihrer Zeit als Landtagsabgeordnete wird sie 1992 auch vom damaligen VdK-Landesvorsitzenden Otto Brockholz besucht, der sie in den VdK bringt. Im Jahr 2000 übernimmt sie den Vorsitz des Ortsverbandes Sulzbach und wird wenig später auch Vorsitzende des Kreisverbandes Saarbrücken-Stadt/Land-Ost, der im Jahr 2020 mit dem KV Saarbrücken Land-West zum Kreisverband Saarbrücken fusionierte. 

Mit mehr als 20 Jahren ist Brunhilde Müller damit die dienstälteste Vorsitzende eines Kreisverbandes, der zudem mit knapp 12.000 die meisten Mitglieder hat. Eine große Verantwortung für Müller, die jetzt um das Ehrenamt in ihren Ortsverbänden kämpft. „Ich hätte gerne in jedem Ortsverband einen Vorstand, der soziale Themen besetzt – von den Kindern bis zu den Senioren.“ Dafür setzt sie sich mit Herzblut ein – auch noch mit 80 Jahren.